Warum Krebszellen vom Immunsystem nicht erkannt werden

Warum Krebszellen vom Immunsystem nicht erkannt werden

Krebszellen sind enorm anpassungs- und lernfähig. Ihre große Schwachstelle ist aber der Zellstoffwechsel, der sehr starr ist. Die meisten Arten von Krebszellen - und das trifft leider nicht auf alle Typen von Krebszellen zu - können Energie, ganz im Gegensatz zu gesunden Zellen, nicht aus Fett gewinnen. Krebszellen gewinnen stattdessen über 90% ihrer Energie durch Phosphorylation, also durch die Fermentierung von Glukose oder Glutamin. Das heißt Krebszellen geht es besonders gut wenn sie möglichst viel Zucker und Kohlenhydrate erhalten. 

Gesunde Zellen hingegen können Energie auch aus Fett gewinnen, ihr Zellstoffwechsel ist also deutlich anpassungsfähiger und flexibler als der von Krebszellen.

Der aktuell sehr populäre Gedanke ist daher oftmals: leben wir ketogen, verzichten wir also auf Kohlenhydrate (Zucker) und ersetzen diese mit Fett, weil nur gesunde Zellen daraus Energie gewinnen können und Krebszellen eben nicht.


Warum der Verzicht auf Kohlenhydrate keine Lösung ist


Der Gedanke hat dabei einige Denkfehler, vor allem betrachtet er aber nicht wie der Körper mit verschiedenen Stoffen umgeht und diese umwandeln und nutzen kann. Denn neben den beiden Energieträgern Fett und Kohlenhydrate stellen beispielsweise Eiweiße zwar zunächst einmal nur einen Baustoff dar. Eiweiße werden im Magen und Dünndarm allerdings zu Aminosäuren aufgespalten. Die Krux daran ist, dass bei der Energiegewinnung aus den glucogenen Aminosäuren der Proteine - der sogenannten Glukoneogenese - über einen anabolischen Prozess in der Leber diese teilweise letztlich doch ebenfalls zu Glukose umgewandelt werden können. Proteine können auf diesem Weg also sogar den Insulinspiegel erhöhen. Und genau dieser Prozess ist auch ohne Proteine mit Glycerolen von Triglyceriden (Fetten) möglich. Das heißt auch der kategorische und komplette Verzicht auf Kohlenhydrate bei der Ernährung befreit den Körper nicht von Glukose. Der Körper kann aus verschiedensten Grundbausteinen Glukose gewinnen - einschließlich Fett und Protein - und wird das immer unweigerlich tun.



Warum Krebszellen vom Körper nicht bekämpft werden


An dieser Stelle verweisen wir zunächst auf unseren Beitrag zum Thema TH1 und TH2 Immunzellen
, der ein hier nötiges Grundverständnis zur Funktion der verschiedenen Immunreaktionen vermittelt. TH1 Zellen spielen bei der Bekämpfung von erkrankten, mutierten Zellen (zu denen Krebszellen gehören) eine zentrale Schlüsselrolle. Stark vereinfacht ausgedrückt sind sie es, die solche Zellen erkennen und abtöten (Stichwort “Zelltod” oder auch Apoptose).

Das Immunsystem könnte also theoretisch über durch T-Helferzellen Typ 1 ausgelöste Prozesse Krebszellen ohne Probleme vernichten. Doch warum tut es das so oft nicht?

Das bizarre an Krebszellen ist, dass sie das Immunsystem bei Krebserkrankungen nicht als Bedrohung erkennt, sondern als Bestandteile des eigenen Körpers. Anstatt sie zu bekämpfen (wie es Aufgabe des Immunsystems bei mutierten Zellen wäre) werden Krebszellen vom Immunsystem sogar beschützt. Das ist die Schlüsselherausforderung der modernen Krebstherapie insgesamt: Krebszellen nisten sich ein und werden von unserem Immunsystem geschützt, sodass sie oftmals schwer gezielt erreicht werden können. Auf diesem Kernproblem fußt auch die nahezu komplette Forschung rund um neue Immuntherapien.

 
Video: T-Killerzelle erkennt und zerstört Krebszelle

 

Welche Ansätze das Immunsystem zur Umkehr bewegen


Wie können wir aber im Alltag unser Immunsystem dazu bewegen maligne Zellen zu erkennen und zu bekämpfen? Hier gibt es drei Ansätze, die wissenschaftlich fundiert hilfreich sein können und die wir auch nachfolgend kurz vorstellen wollen.

Methode 1: Fasten


Durch fasten werden im Immunsystem einer neuen aus diesem Jahr stammenden amerikanischen Studie zufolge die Heme Oxygenase (HO-1) Level in den Mitochondrien der die Krebszellen schützenden T-Zellen des Immunsystems abgebaut. Schon durch kurzes fasten von nur 24 bis 72 Stunden konnten so jene T-Zellen des Immunsystems reduziert werden, die die Krebszellen normalerweise schützen, sodass andere Therapien - wie Chemotherapie - folglich deutlich effektiver würden.

Die Moral dieser Studie ist nicht pauschal auf Essen zu verzichten. Denn versorgt man den Körper nun nicht mehr mit Makronährstoffen (Kohlenhydraten, Fetten und Proteinen), sodass dieser nicht mehr Glukose gewinnen kann, wird früher oder später schrittweise die Muskelmasse angegriffen und abgebaut. Durch diesen Abbau von Muskelmasse werden, völlig ohne exogene Zufuhr von Nahrung, sogenannte Lactate freigesetzt aus denen der Körper dann durch die eingangs erwähnte Glukoneogenese wiederum doch wieder Glukose gewinnt. Allzu langes fasten kann also wieder kontraproduktiv sein.

Hinzu kommt, dass wir unseren Körper durch den dauerhaften Verzicht auf Makronährstoffe nachhaltig schwächen und schädigen. So benötigen wir Proteine, da wir diverse essentielle - also überlebensnotwendige - Aminosäuren nicht selbst herstellen können. Unsere Muskeln, Sehnen, Organe und Blutzellen bestehen zudem vor allem aus Proteinen.

Wie sollte ich also optimalerweise fasten?

Die nach aktueller Studienlage effizienteste Art zu fasten ist nicht das aktuell sehr beliebte Intervall-Fasten, sondern regelmäßiges fasten über 72 Stunden (3 Tage) hinweg. Für einen gesunden Menschen kann es sich also im Rahmen der Prävention lohnen einmal im Monat für 3 Tage zu fasten. Fasten heißt in diesem Zusammenhang der komplette Verzicht auf Nahrung, erlaubt sind nur Wasser, ungesüßter Kräutertee und schwarzer, ungesüßter Kaffee. Die übrigen Tage des Monats ist eine ausgewogene, gesunde Ernährung zu empfehlen, die dabei aber keine der drei Makronährstoffe Kohlenhydrate, Fett und Protein ausschließt.

Nicht für jeden ist fasten geeignet, es empfiehlt sich daher bei Vorerkrankungen oder im Zweifel stets vorher einen Arzt zu Rate zu ziehen.


Methode 2: Fieber


Schon seit Menschen gedenken beobachteten Therapeuten, dass selbst schwere Krankheiten durch Fieber günstig beeinflusst wurden, so z. B. Asthma, Psychosen und eben sogar Krebs. So wird dem Griechen Parmenides (540 - 480 v. Chr) sogar der Ausspruch zugeschrieben: "Gebt mir die Macht Fieber zu erzeugen, und ich heile jede Krankheit."

Später stellte J. Wagner von Jauregg hierzu fest: "Wenn ein Geisteskranker im ersten Halbjahr seiner Krankheit von einem Infekt (Bauchtyphus, Cholera, Wechselfieber, Rotlauf) befallen wird, so ist die Wahrscheinlichkeit eine sehr große, dass er dadurch von seiner Psychose geheilt wird." Er war einer der Pioniere der Fiebertherapie und erhielt im Jahre 1929 den Nobel-Preis für Medizin.

Bis zur Einführung von Zytostatika (Chemotherapie) wurde die Fiebertherapie sogar als einzige systemische Krebstherapie angewandt. Dr. Coley verwendete ab 1892 in New York eine Kombination aus Streptokokken und Bacterium prodigiosum zur Fiebererzeugung und hatte damit erstaunliche Erfolge, die er 1910 in einem wissenschaftlichen Aufsatz publizierte.

Die Fiebertherapie geriet schließlich nach und nach in Vergessenheit, bis man in einigen neuen Studien nun wieder feststellte, dass Menschen, die häufiger an fieberhaften Infektionen litten, seltener an Krebs erkrankten. Während des Fiebers (zwischen 38,5 und 40,5 Grad) kommt es zu einer akuten Mobilisierung des gesamten Immunsystems im Organismus.

Wie kann ich diese Erkenntnis nutzen?

Im Gegensatz zum fasten lässt sich dieser Ansatz der Fiebertherapie naturgemäß schwer in den Alltag integrieren. Die Grundbotschaft aber ist: habt keine Angst vor einem Infekt oder Fieber. So unangenehm sie auch sein mögen sind sie für ansonsten gesunde Menschen in den wenigsten Fällen bedrohlich, sondern haben vielmehr einen einzigartig immunstimulierenden Effekt.

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Methode 3: Immunbalance


Wie schon mehrfach auch in diesem Beitrag erwähnt ist der Schlüssel die ausgewogene Aktivierung der TH1 und TH2 Immunzellen:

Ein starkes Aufbäumen von TH2 Immunzellen kann Krebszellen abtöten, chronisch erhöhte TH2-Werte gegenüber TH1 hingegen erhöhen das Risiko an Krebs zu erkranken. Eine insgesamt stark ausgeprägte TH1-Immunreaktion reduziert anderen Studien zufolge insgesamt das Risiko an Krebs zu erkranken, doch auch hier gibt es Typen von Krebszellen die durch eine TH1-Dominanz gegenüber TH2 eher gefördert werden.

Generell gilt daher: ein stark ausgeprägtes aber ausgeglichenes Immunsystem (TH1 und TH2 in Balance) ist die optimale Grundvoraussetzung beim Kampf gegen Krebszellen, gerade bevor diese außer Kontrolle geraten.

Wie kann ich diese Erkenntnis nutzen?

Es gibt zahllose verschiedene Stoffe, die auf das Immunsystem wirken. Auch wir arbeiten nicht zuletzt wegen dieser Studienlage bei unseren Nähr- und Wirkstoffmischungen stets entweder mit Immun-Modulatoren (dazu zählen beispielsweise die in Neues Leben enthaltenen Pilze), die genaue diese Balance zum Ziel haben. Oder wir achten (wie bei Grüne Mutter und Rote Kraft - der teils herbe Geschmack lohnt sich also) auf eine ausgewogene Kombination aus TH1 und TH2 Stimulatoren, um keine der beiden Immunreaktionen aus der Balance zu schiften, sondern diese vielmehr zu erreichen.

Was wir mit der Kombination aus TH1 und TH2 Stimulatoren versuchen ist letztlich die Effekte der Fiebertherapie zu mimiken, indem wir eine Aktivierung des gesamten Immunsystems erreichen, ohne eine problematische einseitige Dominanz hinzunehmen.

Neben der Zufuhr der richtigen natürlichen Stoffe sind Bestandteil einer solchen Immunbalance ausreichend aktiver Sport (vor allem HIIT und Ausdauertraining), Stressreduktion beispielsweise auch durch Meditation und Yoga (Stress wirkt immunstörend) und die richtige ausgewogene Ernährung mit möglichst frischen, nicht industriellen Lebensmitteln.




Referenzen:

[1] Fasting-like diet turns the immune system against cancer - USC News (2018, February 5)
[2] How fasting kills cancer cells and improves immune function (2017, May 14)
[3] Fasting as a new complementary therapy for cancer, Buchinger Wilhelmi (n.d.)
[4] Übersicht in Abel U/DZO (1999)
[5] Coley WB/Proc Royal Soc Med Surg (1910)
[6] www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/23376950
[7] High Th1/Th2 ratio in patients with multiple myeloma, Ogawara, H. u.a. (Februar 2005, Volume 29, Issue 2, Seiten 135–140)
[8] http://jem.rupress.org/content/208/3/469.full
[9] http://news.mit.edu/2015/using-entire-immune-system-halts-tumor-growth-0414
[10] www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK21590